Gerichtskostenerstattung

Dr. Reinhard Nacke

Gerichtskostenerstattung bei Rücknahme

einer Berufung in der mündlichen Verhandlung

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Einleitung

Was lange währt wird endlich gut. So geschehen hinsichtlich der Erstattung von Gerichtskosten, die die Mandantschaft im Vorschusswege an das Gericht für eine Berufung hatte zahlen müssen. Der Erstattungsantrag wurde von der Kanzlei im Juni 2023 gestellt. Nach ablehnenden Bescheiden wurde er nun am 2. Januar vom Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) mit einer grundsätzlichen Entscheidung (I – 6 U 216/2021) positiv beschieden. 



Worum ging es:


Nach dem Gesetz reduzieren sich die Gerichtsgebühren um die Hälfte, wenn die Berufung spätestens in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wird. Verständlich, denn dann wird dem Gericht viel Arbeit erspart. Insbesondere muss es kein Urteil schreiben.


Im Falle der Mandantschaft hatte das Gericht in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass es nach intensiver Prüfung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Mandantschaft mit ihrer Berufung keinen Erfolg haben werde. Das Gericht empfahl daher, die Berufung zurückzunehmen.


Hintergrund eines solchen Rats ist regelmäßig, dass sich dadurch die Gerichtsgebühren ermäßigen.

So wie die Dinge (leider) lagen, sprach viel dafür, dem Rat zu folgen. Immerhin ließ sich dadurch für die Mandandschaft eine fünfstellige Summe sparen.


Allerdings war damit der Weg zur Überprüfung der Sache durch den Bundesgerichtshof verbaut. Zudem war die Mandantschaft in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend und konnte daher nicht um ihre Entscheidung gebeten werden. Es wurde daher in der mündlichen Verhandlung mit dem Gericht vereinbart, dass unsere Entscheidung binnen 10 Tagen getroffen werde.


Wir nahmen die Berufung dann zurück und beantragten Erstattung der hälftigen Gerichtskosten. Der Antrag wurde von der Kostenbeamtin abschlägig beschieden, weil die Zurücknahme der Berufung erst nach der mündlichen Verhandlung erfolgt sei. Hiergegen legten wir das Rechtsmittel der Erinnerung ein. Es komme entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht darauf an, ob die Rücknahme in der mündlichen Verhandlung erfolgt sei oder innerhalb einer in der mündlichen Verhandlung vereinbarten Frist. In beiden Fällen werde dem Gericht das Urteil zu schreiben erspart. Auch sei es treuwidrig, wenn das Gericht zunächst den Eindruck erwecke, dass die Rücknahme für die Berufungsführerin vorteilhaft sei, dann aber den Vorteil verweigere.


Das sah der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse anders. Er schloss sich wohl aus fiskalischen Gründen der Staatsfinanzen der Ansicht der Kostenbeamtin an.


Damit war der Senat des OLG gefordert, der die Berufungsrücknahme empfohlen hatte. Würde er der althergebrachten, von der Kostenbeamtin, dem Bezirksrevisor und von dem OLG München vertretenen oder der Auffassung des Thüringischen OLG folgen, auf die wir uns stützen konnten?


Der Senat entschied "wegen grundsätzlicher Bedeutung" in seiner vollen Besetzung und gab uns recht. Was die Auffassungen der Oberlandesgerichte betrifft, bewegt sich die Rechtsprechung nunmehr weg von der Meinung des OLG München und den ihm folgenden Stimmen in der Literatur. Mangels einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs gibt es aber nach wie vor keine Rechtsicherheit. Es ist zu wünschen, dass der Gesetzgeber seine nicht ganz zu Ende gedachte Vorschrift ändert.

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